Das staatliche Schulsystem in Spanien unterscheidet sich grundsätzlich von vielen anderen Bildungssystemen, wie z.B. denen in Großbritannien oder den USA, vor allem im Hinblick auf die Sekundarschulen.
Das staatliche Schulsystem hat sich im Laufe des letzten Jahrzehnts grundlegenden Änderungen unterzogen, was die ursprünglich sehr niedrigen Bildungsstandards auf ein angemessenes, mit anderen europäischen Ländern vergleichbares Niveau gebracht hat. Das staatliche Bildungssystem unterliegt dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft (Ministerio de Educación y Ciencia), doch die 17 autonomen Regionen sind inzwischen für ein eigenes Bildungssystem verantwortlich, das auch die höhere Bildung einschließt.
Die öffentlichen Schulen sind in der Regel gebührenfrei, aber die Eltern müssen normalerweise für die meist sehr teuren Schulbücher aufkommen. Gemeinden subventionieren in manchen Fällen den Erwerb von Schulmaterial und Aktivitäten außerhalb des Lehrplans wie Sport, Kunst und Handwerken. Die Schüler besuchen in der Regel Kindergarten und Grundschule im selben Ort, wobei die Sekundarschulen manchmal eine längere Anreise erfordern (in der Regel stehen Busse zur Verfügung).Bildungsstufen in Spanien.
Die meisten spanischen Schüler beginnen ihren Bildungsweg im Alter von drei oder vier Jahren im Kindergarten oder in der Vorschule (preescolar). Die Schulpflicht (escolaridad obligatoria) beginnt mit der Grundschule (escuela primaria) im Alter von sechs Jahren und gehört zum Bereich der grundlegenden Allgemeinbildung (Educación General Básica/EGB). Die Schüler besuchen die Grundschule sechs Jahre lang. Im Alter von zwölf Jahren (vergleichbar mit dem 8. Schuljahr in britischen Schulen und dem 6. Schuljahr in US Schulen) wechseln die Schüler in die Sekundarstufe (educación secundaria obligatoria/ESO) und verbringen dort die folgenden vier Jahre. Nach diesem Zeitraum, im Alter von 16, bekommen die Schüler ein educación secundaria Zertifikat und dürfen in die höhere Sekundarstufe wechseln, um die Hochschulreife zu erlangen. Weniger akademisch erfolgreiche Schüler, die die vierjährige Sekundarstufe nicht erfolgreich absolviert haben, bekommen ein Schulzertifikat (certificado de escloaridad) ausgehändigt. Mit 16 Jahren können die Schüler dann eine Berufsschule besuchen (formación profesional).
Was viele Ausländer am spanischen Schulsystem bemängeln, ist der Mangel an zusätzlichen Aktivitäten, wie Sport, Musik, Theater, Kunst oder Handwerken. Staatliche Schulen bieten keine AG´s oder Sportmannschaften an. Doch viele Aktivitäten werden privat von Eltern- oder Sportvereinen angeboten. Die Gebühren hierfür sind in der Regel sehr niedrig und die Aktivitäten finden meistens direkt nach der Schule statt.
Wenn Ihr Kind eine staatliche Schule besucht, wird ihm das helfen sich zu integrieren und die lokale Sprache zu lernen. Dies ist vor allem ratsam wenn Sie planen für einen langen Zeitraum in Spanien zu bleiben. Viele Kinder, wenn sie die Wahl haben, entscheiden sich für sich die spanische Schule und dafür ein Teil der spanischen Gemeinde zu werden. Bedenken Sie aber, dass es zwar sehr einfach ist von einer staatlichen in eine Privatschule zu wechseln, es aber im umgekehrten Fall zu Schwierigkeiten kommen kann. Wenn ihr Kind von einer privaten in eine staatliche Schule wechseln muss, aufgrund von z.B. finanziellen Schwierigkeiten und es möglicherweise noch ein Teenager ist, wird es vielleicht Schwierigkeiten haben sich anzupassen.
Wenn sie sich für eine staatliche Schule entscheiden, sollten sie mindestens einen Zeitraum von einem Jahr einplanen, in dem Sie Ihrem Kind die Chance geben sich zurechtzufinden, die neue Sprache zu erlernen und sich an den neuen Lehrplan zu gewöhnen. Gleichzeitig sollten Sie auch an Ihren Spanisch Kenntnissen arbeiten, um sich mit den Lehrern Ihrer Kinder unterhalten zu können, denn nur wenige spanische Lehrer sprechen Englisch.
Es gibt auch Sonderschulen in Spanien für Kinder mit besonderen Bedürfnissen, z.B für Lernbehinderung oder Verhaltensstörung. Es kommen jedoch nur diejenigen Kinder an einer Sonderschule unter, deren Bedürfnissen eine staatliche Schule nicht gerecht werden kann.
Die Schüler in Spanien müssen die Ihrem Wohnbezirk zugewiesenen Grund- oder Sekundarschulen besuchen. Die Rathäuser oder das lokale Büro des Bildungsministeriums können Ihnen eine Liste zur Verfügung stellen mit aller in Frage kommender Schulen. In manchen Gebieten werden Sie so gut wie keine Auswahl haben, während Sie in Madrid und anderen Städten eine ganze Reihe an Möglichkeiten haben werden. Natürlich sind die Schulen, die den besten Ruf genießen auch die begehrtesten was die Aufnahme natürlich erschweren kann. Planen Sie weit voraus wenn Sie möchten, dass Ihr Kind an einer dieser Schulen aufgenommen wird.
Staatliche Schulen haben meistens eine jährliche Quote und Plätze werden üblicherweise nach dem Motto vergeben: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Die Einschreibefrist erstreckt sich meistens über zwei Monate im Frühjahr, entweder von Februar bis März oder April bis Mai. Wann genau hängt von den einzelnen Regionen ab. Das Anmeldeverfahren hängt meistens vom Alter Ihres Kindes ab und erfordert manchmal ein Interview oder in seltenen Fällen auch eine Prüfung. Um Ihr Kind an einer spanischen Schule anzumelden, müssen Sie die folgenden Dokumente vorlegen:
Beglaubigung
Wenn ihr Kind im dritten Jahr der Sekundarstufe (ESO) eingeschult wird (etwa im Alter von 14 Jahren), müssen Sie nachweisen, dass das Schulregister Ihres Kindes vom spanischen Bildungsministerium beglaubigt wurde. Dieser Prozess wird homologación oder convalidación genannt. Sie müssen die vom Bildungsministerium ausgehändigte Form ausfüllen, die in spanischen Konsulaten und Botschaften in Ihrem Heimatland erhältlich sind, oder auch in Regionalstellen für Bildung oder direkt vom Bildungsministerium in Madrid, C/Alcalá 36, 28071 Madrid (902-218 500, www.educacion.gob.es ). Sie können das Formular, modelo oficial gennat, auf der Webseite unter Titulos Oficiales und Homologación herunterladen. Sie müssen auch die Zeugnisse Ihres Kindes sowie dessen Geburtsurkunde einreichen.
Dieser Prozess sollte bestenfalls vor Ihrer Abreise nach Spanien erfolgen, da das Kind möglicherweise nicht in der Schule angenommen wird bevor die benötigten Unterlagen eingegangen sind und diese vom spanischen Bildungsministerium abgestempelt wurden. Dieser Prozess dauert in der Regel etwa drei Monate.
Die Schulpflicht (escolaridad obligatoria) oder auch die „grundlegende Allgemeinbildung“ (educacion general básica/EGB) genannt, beginnt im Alter von sechs Jahren mit der Grundschule (escuela primaria) die sechs Jahre dauert. Die Grundschule ist in drei Zyklen aufgeteilt: Erster Zyklus (primer ciclo/1er ciclo), 1.-2. Schuljahr; Zweiter Zyklus (segundo ciclo/2º), 3.-4 Schuljahr; und Dritter Zyklus (tercer ciclo/3er ciclo), 5.-6. Schuljahr.
Der Grundschullehrplan beinhaltet Natur- und Sozialwissenschaften (conocimiento del medio), Spanisch (lengua) und ggf. eine autonome Sprache, Literatur, Mathematik, Kunst (dibujo y plástica), Sport und eine Fremdsprache (normalerweise Englisch oder Französisch), die ab dem zweiten Zyklus verpflichtend sind. Viele staatliche Schulen bieten aber inzwischen Englischunterricht bereits ab dem ersten Schuljahr. Katholische Religion ist optional und Sie werden bei der Einschulung Ihres Kindes gefragt, ob Ihr Kind am Religionsunterricht teilnehmen möchte. Alternativen zum Religionsunterricht sind zusätzliche Lesestunden, Ethik oder Theater. Im Zuge der neuen Bildungsreformen (LOE) werden alle Schüler tägliche Lesestunden haben und Schüler, die sich im dritten Zyklus befinden bekommen ein neues Fach, Educación para la Ciudadanía (Bildung für Bürger). Das Fach wird moralische und soziale Werte behandeln wie Gleichberechtigung von Mann und Frau und Umweltschutz.
In den meisten Schulen werden die Schüler drei Mal pro Schuljahr benotet. Wenn ein Schüler das für den Zyklus geforderte Niveau nicht erreicht, kann er aufgefordert werden das Schuljahr zu wiederholen, wenn er nicht im Herbst eine beträchtliche Verbesserung vorweisen kann (viele private und staatliche Schulen bieten in den Sommerferien Kurse an, um den Schülern die Möglichkeit zu geben den Stoff nachzuholen). Bei der Entscheidung, ob ein Schüler ein Jahr wiederholen muss, wird die Meinung der Lehrer, Betreuer, der Schulpädagogen und -psychologen befragt. Die Schüler können höchstens ein Schuljahr in der Grundschulausbildung wiederholen.
Die obligatorische Sekundarschulausbildung (enseñanza secundaria obligatoria/ESO) wurde 1990 für Schüler zwischen 12 und 16 Jahren eingeführt und vervollständigt somit die Schulpflicht. Die Schüler bekommen hier eine spezialisierte Ausbildung und werden entweder auf das Abitur (s. unten) oder eine Ausbildung vorbereitet.
Die vierjährige obligatorische Sekundarstufe ist in zwei jeweils zweijährige Zyklen aufgeteilt und der Lehrplan erhält sowohl Pflicht- als auch Wahlfächer. In den ersten drei Jahren haben die Schüler sechs Pflichtfächer (bzw. sieben in den Regionen mit einer autonomen Sprache).
Die Pflichtfächer sind Naturwissenschaften, Spanische Sprache und Literatur, Geographie, Geschichte, Mathematik, Sport und eine Fremdsprache. Als Wahlpflichtfächer müssen sich die Schüler für zwei Fächer aus den folgenden Bereichen entscheiden: Educación para la Ciudadanía, Kunst, Musik, IT und eine zweite Fremdsprache. Im vierten Schuljahr beinhaltet der Lehrplan wieder sechs Pflichtfächer (Spanische Sprache und Literatur, Mathematik, Sozialwissenschaften, eine Fremdsprache Sport und ethische und bürgerliche Bildung (educación ético civica) doch die Schüler müssen drei Wahlpflichtfächer aus den folgenden auswählen: Biologie und Geologie, Kunstwissenschaft, Physik, Chemie, IT, Latein, Musik, Technik und eine zweite Fremdsprache. Schüler, die in den Gegenden mit einer autonomen Sprache zur Schule gehen, müssen auch die Literatur und Sprache dieser belegen. Das fach der katholischen Religion ist im ganzen Land optional.
Genauso wie in der Grundschule, kann auch hier der Schüler aufgefordert werden, das Schuljahr zu wiederholen wenn er nicht die Semesterprüfungen bestanden hat (Schüler die drei oder mehr Fächer in den Semesterabschlussprüfungen nicht bestehen, müssen das Schuljahr wiederholen). Die Schüler dürfen nicht mehr als zwei Schuljahre in der Sekundarstufe widerholen. Das LOE beabsichtigt kleine Schülergruppen zu erstellen, um Schülern mit Schwierigkeiten in der Schule zu helfen. Momentan studieren noch alle Schüler alle Fächer auf dem selben Niveau.
Nach Beenden des ESO, bekommen Schüler, die die geforderten Standards erreicht haben, ein graduado en educación secundaria Zertifikat überreicht, das sie für die Erlangung des Abiturs oder das Antreten einer Ausbildung qualifiziert. Dieses Zeugnis ist Voraussetzung für die meisten Jobs in Spanien. Alle Schüler, unabhängig davon ob sie die Kursanforderungen erreicht haben, bekommen ein Dokument, das das Beenden des Schuljahres bestätigt, alle Noten aufzeigt sowie Empfehlungen bezüglich ihrer akademischen Zukunft.
Durch die LOE Reform haben nun Schüler im Alter von 16 bis 21, die bereits zwei Jahre der Sekundarstufe wiederholt haben, Anspruch auf ein Berufsqualifikationsprogramm (Programa de Cualificación Profesional), das diesen Schülern eine zusätzliche Möglichkeit bietet, ihr Sekundarschulzertifikat zu erlangen oder andere Qualifikationen zu erlangen, um ihre Berufschancen zu verbessern.